Trotz fruchtbarer Ergebnisse muss das gegenseitige Verstehen gef?rdert werden Exklusiv
von Ren Bin, Shanghai
Jiang Feng war stellvertretender Generaldirektor für Internationale Zusammenarbeit im chinesischen Bildungsministerium, Gesandter-Botschaftsrat der Bildungsabteilung der chinesischen Botschaft in Deutschland und Mitinitiator der zahlreichen Gro?projekte rund um die deutsch-chinesische Bildungskooperation. Jetzt leitet er als Senatsvorsitzender die Shanghai International Studies University (SISU), eine renommierte multidisziplin?re und internationale Universit?t in China. W?hrend der 19. Parteitag der KP Chinas anl?uft, blickt er als Augenzeuge auf die letzten fünf Jahre der deutsch-chinesischen Kooperation im Bildungssektor zurück.
Jiang Feng, Senatsvorsitzender der Shanghai International Studies University
China.org.cn: Herr Dr. Jiang, Sie waren als langj?hriger Bildungspolitiker spezialisiert in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik und haben den internationalen Bildungsaustausch und –kooperationen vorangetrieben, insbesondere in Bezug auf die chinesisch-deutsche Bildungskooperation. Welche Elemente sind aus Ihrer Sicht entscheidend für eine enge chinesisch-deutsche Bildungskooperation?
Jiang Feng: Zun?chst ist die enge chinesisch-deutsche Bildungskooperation dem engen Vertrauen der politischen Führungen beider L?nder zu verdanken. Die bilaterale Bildungskooperation einschlie?lich des Jugendaustauschs genie?t steigende Aufmerksamkeit der Staatsspitzen beider L?nder. IIm M?rz 2014 empfingen der chinesische Staatspr?sident Xi Jinping und der damalige Bundespr?sident Joachim Gauck gemeinsam Schüler aus beiden L?ndern in Berlin, als Xi Deutschland einen Staatsbesuch abstattete. Xi traf sich dort auch mit Sinologen, Vertretern der Konfuzius-Institute und Sinologiestudierenden zu einer Diskussionsrunde über den sprachlichen und kulturellen Austausch, w?hrend Peng Liyuan, Ehegattin von Xi, dem Chinesischunterricht an einem Gymnasium in Essen beiwohnte. Im Juli 2017 besuchte Staatspr?sident Xi gemeinsam mit Bundeskanzlerin Merkel ein Freundschaftsspiel zwischen deutschen und chinesischen Fu?ball-Jugendmannschaften. Als Angela Merkel 2014 in China war, lud Premierminister Li Keqiang sie zum Treffen mit fast 100 deutschen und chinesischen Jugendlichen im Himmelstempel in Beijing ein, die sich über ihre Erfahrungen beim Erlernen der jeweils anderen Sprache austauschten.
In den letzten Jahren wurden im Rahmen des "Jahres der chinesischen Kultur", des "deutsch-chinesischen Sprachenjahres" und des "deutsch-chinesischen Jahres für Schüler- und Jugendaustausch" eine Reihe von Veranstaltungen organisiert, die den chinesisch-deutschen Sprach- und Kulturaustausch wesentlich bef?rdert haben. Mittlerweile gibt es in Deutschland insgesamt 19 Konfuzius-Institute und 3 Konfuzius-Klassenzimmer. An fast 400 Schulen wird Chinesischunterricht angeboten. Knapp 200 deutsche Schüler nehmen j?hrlich am ?Chinese Bridge“-Sommercamp teil. Auf der deutschen Seite gibt es Projekte wie PASCH (Schulen: Partner der Zukunft), die vom Ausw?rtigen Amt Deutschlands initiiert worden sind. Die Mitwirkung des Goethe-Instituts und der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen hat dazu beigetragen, das Interesse der jungen Chinesen an der deutschen Sprache und Kultur zu wecken.
Insofern gibt es eine ganz deutliche Entwicklung: In der Vergangenheit fand die Bildungskooperation vor allem auf der Regierungsebene statt, doch in den letzten fünf Jahren sind immer mehr Projekte direkt in der Gesellschaft entstanden. Bildungseinrichtungen, darunter Universit?ten und Schulen sowie Unternehmen, nehmen aktiv daran teil. Vor allem im Bereich der Berufsausbildung kooperieren immer mehr chinesische Unternehmen direkt mit deutschen Einrichtungen und entsenden ihre Mitarbeiter zu Fortbildungen oder laden deutsche Experten nach China ein. Die deutsch-chinesische Bildungskooperation w?chst au?erdem stetig in der Breite. W?hrend frühere Projekte vor allem in den Metropolen wie Beijing und Shanghai angesiedelt waren, weiten sie sich jetzt schrittweise auch auf andere St?dte aus.
Sie sprachen bereits Berufsausbildung sowie Sprach- und Jugendaustausch an. Bekannterma?en hat in den letzten Jahren auch die Zahl deutscher Studierender an chinesischen Hochschulen zugenommen. Wie beurteilen Sie diese neue Entwicklung?
China ist nach den USA zum zweitwichtigsten Zielland für deutsche Studierende geworden. Von 2012 bis 2016 stieg deren Zahl von 6271 auf 8145. Dafür gibt es etliche Gründe:
Erstens sind beide L?nder wichtige Kooperationspartner in vielerlei Hinsicht. Ganz egal, ob es um wirtschaftliche Zusammenarbeit, politischen Austausch oder das Thema ?Global Governance“ geht, besteht ein breiter Konsens.
Zweitens wird China an sich zunehmend attraktiver für deutsche Studierende. Das zeigt sich vor allem in den Bereichen Kultur und Wirtschaft. Der Grund, sich für ein Studium in China zu entscheiden, liegt zum einen in ihrem Interesse an der chinesischen Kultur, und zum anderen darin, dass das starke Wirtschaftswachstum in China für sie gute Zukunftschancen bereith?lt.
Drittens ist die Qualit?t der chinesischen Hochschulbildung in den letzten Jahren betr?chtlich angestiegen. Die deutschen Studierenden wissen diese Qualit?t zu sch?tzen, schlie?lich m?chte man etwas lernen, was einen auch weiterbringen kann.