Das R?tsel der H?hlen von Guyaju

Niemand wei? was Genaues über diese H?hlen, und so ist ihr mit 1.000 Jahren angegebenes Alter, das nun in den für Touristen gedruckten Prospekten steht, einfach aus der Luft gegriffen. Es ist eine Zahl, die wohl nur vermitteln soll, dass es sich um ziemlich alte Behausungen handelt, die hier in den grobk?rnigen Fels gehauen wurden. Die H?hlen k?nnen gut und gern auch 2.000 Jahre oder noch ?lter sein. Hinterlassenschaften ihrer einstigen Bewohner, denen mit wissenschaftlichen Methoden ihr exaktes Alter zu entlocken w?re, gibt es nicht.

Die Guyaju-H?hlen befinden sich im Gro?raum Beijing nordwestlich der einstigen Kreisstadt Yanqing, die jetzt samt ihren zugeh?rigen Gemeinden und D?rfern ein Stadtbezirk von Beijing ist. So kommt es, dass man sich heute nach gut zweistündiger Autofahrt aus Beijing heraus immer noch in Beijing befindet. Aber es ist hier schon ausgesprochen l?ndlich. Beiderseits der Stra?e liegen Felder und Obstplantagen, und wenn es dann hügelig und schlie?lich richtig bergig wird, ziehen sich sorgf?ltig angelegte Terrassen die H?nge hoch.

"Die H?hlen wurden von Menschen geschaffen, die in keiner historischen Aufzeichnung erw?hnt sind" , steht in den zweisprachigen Prospekten (chinesisch und englisch), die am Kassenh?uschen mit den Eintrittskarten überreicht werden.

Waren es Menschen, die mit der Gesellschaft ihrer Zeit nichts mehr zu tun haben wollten? Anarchisten? Robin Hoods? Banditen, die sich hier ein weit abgelegenes Nest gebaut hatten? Oder war es ein Volksstamm, der sich dem Regime des Vielv?lkerstaats nicht gehorsam einfügen wollte und deshalb die Abgeschiedenheit suchte?

Es gibt noch zwei weitere Theorien: 1. Die H?hlenbauer- und bewohner k?nnten w?hrend eines Krieges hierher geflohen sein. Dann g?be es in der Tat viele Gelegenheiten, zu denen dies h?tte führen k?nnen, denn es gab in China eine gro?e Menge kriegerischer Auseinandersetzungen. 2. Nicht vor einem Krieg Schutz Suchende, sondern an einem Kampf Beteiligte h?tten die H?hlen gebaut und von diesem sicheren Versteck aus Schl?ge gegen den Feind geführt.

Wo man nichts Genaues wei?, blüht die Phantasie. Also halten wir uns an die Fakten, die überprüfbar sind: 117 H?hlen hat man gez?hlt. Die gr??ten messen gut 20 Quadratmeter, die kleinsten nur drei. Manche der R?ume sind miteinander verbunden, und zwar nicht nur in der Horizontalen, sondern auch vertikal. Es gab also respektable Wohnungen dort im Fels, die gr??eren Gruppen ein Zusammenleben erm?glichten.

Noch sind die Guyaju-H?hlen nicht überlaufen von Touristen. In Reiseführern sind sie noch nicht vermerkt, in die g?ngigen Programme für Gruppenausflüge noch nicht aufgenommen. An manchen Tagen hat die Frau am Kassenh?uschen fast nichts zu tun. An einem solchen Tag war ich mit meiner Frau und ein paar Freunden dort. Staunend und natürlich etwas ratlos steht man vor den leeren L?chern im Fels. Was hat sich hier einst abgespielt? Wie lange haben die mühsam gebauten H?hlenwohnungen ihrem Zweck gedient, bevor man sie V?geln und anderen Tieren überlie?? Und sind die Menschen, die hier hausten, einfach spurlos verschwunden, oder gibt es in den nahegelegenen D?rfern Nachfahren der einstigen H?hlenbewohner?

Wir machten uns auf den Weg zurück zur Stra?e, zur Bushaltestelle. Es war sp?ter Nachmittag, wir waren hungrig. Eine Frau kam uns entgegen, sprach uns an: "Wollte Ihr essen? Ich koche gutes Essen. Preiswert!" Wir nahmen die Einladung an. Das Risiko war nicht gr??er als das, in einem beliebigen Restaurant einzukehren. So gingen wir mit dieser Frau ins Dorf und hatten eine Glücksnummer gezogen! Die ganze Familie kümmerte sich um uns, das Essen war hervorragend, wir unterhielten uns bestens. Aber ob unsere Gastgeber abstammungsm??ig mit den einstigen H?hlenbewohnern in Verbindung zu bringen w?ren, wu?te natürlich keiner.

Ausflugstipp: Man erreicht die H?hlen von Guyaju von Beijing aus, indem man mit dem überlandbus Nr. 919 ab Deshengmen bis Yanqing f?hrt und dort in einen Bus nach Guyaju umsteigt. Der Eintritt kostet 35 Yuan (Gruppen 28 Yuan).

(China Heute/China.org.cn, 9. Juni 2004)