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15. 05. 2015 | Druckversion | Artikel versenden| Kontakt |
Weltuntergangs- und Horrorszenarien. Wenn in China wieder einmal schlechte Luft herrscht, überschlagen sich die Medien mit Berichten über die Unertr?glichkeit des Seins. China leidet erb?rmlich unter Smog. Beijing, Shanghai, Chongqing, überall h?ngen an viel zu vielen Tagen im Jahr die schwefelgelb-grauen Wolken tief in den Wolkenkratzern. überall hustet, schnieft und r?chelt es.
Die Auswirkungen von Smog auf den Menschen sind gravierend. Das ist erwiesen. Erwiesen ist auch, dass Stadtbewohner zwar nicht vermeiden k?nnen, diesen Giftcocktail t?glich zu sich zu nehmen – schlie?lich ist das Atmen eine biologische Notwendigkeit. Dennoch kann Einiges zum Schutz getan werden. So summt etwa in vielen Beijinger Haushalten ein Luftreiniger. Oder zwei, oder drei. Kaum ein Radfahrer verzichtet auf die Atemmaske. Das allt?gliche Leiden ist derart unakzeptabel und bedrohlich, dass st?ndig nach neuen Wegen gesucht wird, um den Folgen des Smogs entgegenzuwirken. Da die Nahrungsaufnahme mindestens genauso notwendig ist wie das Atmen, liegt es nahe, in der Smogforschung auch auf das Essen einen Fokus zu legen. Das tut man seit nunmehr einigen Jahren. Die jüngste Formel lautet:
Esst mehr Schokolade! Flavanole, die auch in dunkler Schokolade enthalten sind, k?nnen durch Smog hervorgerufene Herzrhythmusst?rungen mildern. Das fand Andrea Baccarelli an der Harvard Universit?t mitunter in einer zw?lf Jahre umspannenden empirischen Studie heraus. Er untersuchte eine Gruppe von rund 600 M?nnern, die in Boston einer smoghaltigen Atmosph?re ausgesetzt wurden. Bei einer flavanoidreichen Ern?hrung konnte den gesundheitlichen Einbu?en erfolgreich entgegengewirkt werden - Naturgem?? bei einem ma?vollen Schokoladengenuss und zudem vielen Vitaminen! Baccarellis Doktorand Jia Zhong erweiterte die Studie und konnte best?tigen, dass die natürlich vorkommenden Pflanzenwirkstoffe, auch Antioxidantien genannt, sich bei Smogerkrankungen gesundheitsf?rdernd auswirken. Enthalten sind diese auch in Tee, Rotwein sowie vielen Früchte- und Gemüsesorten. Allerdings konnte hier der Ursache-Wirkungszusammenhang nicht zweifelsfrei belegt werden.
In China besteht ein au?erordentliches Interesse an der Anti-Smog-Ern?hrung. Das verwundert nicht angesichts der vielerorts bedenklichen Luftqualit?ten. Greenpeace fand zu Beginn des Jahres in einer umfangreichen Studie heraus, dass sich zwar Einiges verbessert hat, allerdings in etwa 90 Prozent der erfassten St?dte nach wie vor die gesetzlich vorgegebene Grenze der Feinstaubverschmutzung weit überschritten wird. Regelm??ig warnen die Medien der Metropolen vor ungesunden Werten. Und überall diskutiert man die neuesten Wundermittel. Etwa in Talk- und Kochshows sowie in Medizinreportagen. Doktor Wu Kunlun, Chefarzt für chinesische Medizin im Gongke Krankenhaus von Shanghai, erl?utert in einem Interview mit "The New Youth":
"Die Symptome in den Atemwegen sind eindeutig, zum Beispiel Husten, die vermehrte Schleimbildung, Atembeschwerden, ein Beengungsgefühl und Hyperventilieren. Sobald man sich ein wenig bewegt, verst?rken sich die Symptome. Etwa beim Treppensteigen, da bekommt man dann keine Luft mehr."
Doch es gebe Abhilfe, beruhigt der Chefarzt:
"Wir empfehlen meistens Gartenrettich. Der sorgt für eine gute Durchblutung des Darms. Aus der Perspektive der Traditionellen Chinesischen Medizin stehen der Dickdarm und die Lunge in einem engen Zusammenhang. Eine gute Darmdurchblutung wirkt sich demnach positiv auf die Funktion der Lunge aus. Auch die Blütenbl?tter der Lilie haben eine gute Wirkung. Die Lilie hat schleiml?sende Eigenschaften und kl?rt dadurch die Lunge. Wir betrachten die Lilie sowohl als Nahrungsmittel als auch als Medizin. Durch die Blütenbl?tter wird die Lunge gest?rkt."
Gesundheitsf?rdernd seien zudem noch Birnen, Seetang, Yam und Kidneybohnen… Solche Ratschl?ge werden auf den chinesischen Blogging- und Video-Sharing-Plattformen begeistert aufgenommen. So wartet allein die Suchmaschine Baidu mit über 300 verschiedenen Eintr?gen auf, gibt man "kang wumai shipin" – "Anti-Smog-Ern?hrung" – als Suchbegriff ein. Zu Wort melden sich sowohl Ern?hrungsgurus, nach Hilfe suchende Erkrankte, als auch Zweifler. So schreibt etwa Bocai Shushu, der "Spinat-Onkel", auf Weibo:
"Blattgemüse sind die besten Nahrungsmittel, um die Wirkung von Smog im K?rper zu neutralisieren. Ich empfehle besonders Spinat, chinesischen Senfkohl und Sprossenkohl. Chlorophyllanteile bauen chemische Gifte, die durch hohe Kohlenstoffmonoxidkonzentrationen der Luft im K?rper entstehen, effektiv ab."
Ein selbsternannter ?Internetarzt" relativiert den Optimismus:
"Gemüse und Obst sind bekannterma?en gesund. Besonders die darin enthaltenen Karotine haben eine günstige Wirkung auf den menschlichen K?rper, da sie sich im K?rper zu Vitamin A wandeln. Allerdings ist nur erwiesen, dass der Verzehr von Gemüse vielen chronischen Erkrankungen entgegenwirkt, zum Beispiel Diabetes und Demenz. "Smog-Erkrankungen" sind also nur einige unter vielen."
Einige Zweifler protestieren:
"Empfohlen wird, neben Gemüse auch viele unges?ttigte Fetts?uren und Schokolade zu verzehren, um die Smog-Wirkung zu neutralisieren. Was soll das denn? In China isst man ohnehin zu viel Fett und zu viel Zucker, es gibt immer mehr übergewichtige. Solche Ratschl?ge dürften nur für Entwicklungsl?nder gelten…"
Dr. Zhu Yi, Professor an der Chinesischen Universit?t für Agrarwissenschaften in Beijing, bewertet die "Anti-Smog-Ern?hrung" aus akademischer Sicht. Ihm zufolge gibt es keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass sich Feinstaub in den Bronchien effektiv durch Komponenten aus der Nahrung abbauen lie?e. Auch die chinesische Wochenzeitung Southern Weekly kritisiert, dass in China viel zu wenig zum Thema Anti-Smog-Ern?hrung geforscht werde. Die Amerikaner seien da viel weiter.
Was l?sst sich also festhalten? Es gibt viele Thesen, viele gute Ratschl?ge und auch das Interesse ist immens. Sicherlich haben viele Nahrungsmittel eine gute Auswirkung auf den menschlichen K?rper. Diese k?nnen aber bisher noch nicht in einen festen Zusammenhang mit den Smog-Erkrankungen gebracht werden. Die Luftqualit?t in chinesischen Metropolen wird wohl noch eine ganze Weile hervorragende Ausgangsbedingungen zu aussagekr?ftigen Studien bieten – die allerdings noch auf ihre Durchführung warten. Bis dahin lohnt es sich auf jeden Fall eher den Luftreiniger anzuschalten. Oder zwei, oder drei.
Quelle: CRI
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